So schmeckte es 1946


Es war einmal … zu einer Zeit, als niemand die Familie Mustermann kannte oder sich Sorgen um die richtige Diät für den Bikini-Auftritt im Sommer machte, da kannten alle Otto Normalverbraucher, ja jeder war Normalverbraucher, und Gert Fröbe stellte ihn im Kino beispielhaft dar. Da war er noch nicht der dicke Goldfinger, sondern ein spindeldürrer junger Mann, dem die zerschlissene Uniform um den Leib schlackerte. Ernährung war damals ein wichtiges Problem. Aber es ging nicht um das richtige, besonders gesunde oder ökologisch nachhaltige Essen. Wichtig war einzig und allein, dass überhaupt was auf den Tisch kam.

 Alle Nahrungsmittel gab es auf Marken, in sehr kleinen Mengen, z.B. 850 gr. Fleisch mit Knochen im Monat. Aber nicht immer waren die „aufgerufenen“ Rationen auch tatsächlich verfügbar. Man musste „organisieren“, um an die begehrten Sachen zu kommen. Glücklich war, wer ein kleines Gärtchen hatte oder sich ein paar Kaninchen halten konnte. Ausflüge waren keine Freizeitaktivität zur Zerstreuung, sondern man fuhr aufs Land zum Hamstern. Da wurde, alles, was die Bomben nicht zerstört hatten und nicht lebenswichtig war, gegen Speck und Würste, manchmal auch nur einen Sack Kartoffeln getauscht.

 Zur Ausrüstung der Schulkinder gehörte in den ersten Nachkriegsjahren ein Blechnapf, der ca. einen halben Liter fassen konnte. Daraus wurde dann die kostenlose Schulspeisung verzehrt: entweder eine Art Erbsensuppe ohne Speck oder die bei den Kindern sehr beliebte Schwedenspeise, ein dicker Brei aus Haferflocken, schön süß und manchmal mit einer Prise Kakao.

 Hier ein paar Rezepte aus jener Zeit.

 Adolf-Hitler-Stippel

 5 Esslöffel Mehl, 2 dicke Zwiebeln, 4 saure Gurken, 2 Teelöffel Margarine, Pfeffer und Salz nach Geschmack.

Die Zwiebeln klein schneiden und mit der Margarine goldgelb andünsten, das Mehl in kaltem Wasser anrühren und dann damit die Zwiebeln ablöschen. Die Gurken in kleine Würfel schneiden und dazugeben. Würzen mit Pfeffer und Salz. Das Ganze 10 Minuten köcheln lassen.
Dazu gibt es Pellkartoffeln.

 Beamtenstippel

 Zutaten wie bei der Adolf-Hitler-Stippel, aber weil es ein Sonntagsessen ist, werden die Zwiebeln mit 125 gr. Gehacktes  angebraten!

 Falsche Leberwurst

 500 gr. Grieß, 100 gr. Haferflocken, 2 Esslöffel Margarine, Thymian oder Majoran getrocknet und geribbelt, Pfeffer, Salz

Grieß und Haferflocken in Salzwasser kochen, bis es eine feste Masse wird, in der der Löffel stehen kann. Thymian dazugeben, ebenfalls eine Prise Pfeffer. Das ganze gut verrühren und erkalten lassen. Ein köstlicher Brotaufstrich.

 Kriegssahne

½ l Milch, 2 getriebene El. Grieß, 2 El. Zucker (etwas Vanillezucker).
2 Minuten lang unter Schlagen kochen, dann 1 Teelöffel Backpulver zugeben und bis zum Erkalten rühren.

Ein anderes Sahnerezept

1 Tasse Zucker, 1 Tasse Apfelsaft 1 Eiweiß
alles zusammen aufschlagen

Marzipan 1942

500 g Grieß, 500 g Puderzucker
1 Esslöffel Butter, 1 1/2 Fläschchen Bittermandelaroma
4 Esslöffel Milch.
Puderzucker, Milch und Butter lauwarm gut verrühren und kalt werden lassen. Bittermandelaroma untermischen und langsam den Grieß unterarbeiten. ca. 30 Minuten stehen lassen.
Kugeln  formen und in Kakao wälzen. Wenn man zwei Teelöffel Rote-Beete-Saft zugibt,  wird die Masse schön rosa und man kann kleine Schweinchen daraus formen.

 Kriegssuppe

 2 Knoblauchzehen, 1 Zwiebel, 1 mittelgroße Kartoffel, 2 Suppenwürfel (man kann aber auch mit Gartenkräutern, Wurstresten auch eine „Fleischsuppe“ zaubern)Knoblauchzehen und Zwiebel fein hacken und mit etwas Öl anbräunen. Anschließend mit ca. 1,5 ltr. Wasser auffüllen und Suppenwürfel hinzufügen. 10 Minuten aufkochen lassen und anschliessend die rohe Kartoffel auf einer feinen Reibe in die kochende Bruhe reiben. Dadurch wird die Brühe schön sämig. Anschließend evtl. mit etwas Salz und Pfeffer abschmecken

 Eintopf aus Vogelmiere

 500g Vogelmiere (gesammelt wird das blühende Kraut ohne Wurzeln), 150 g Haferflocken, 1 kg Kartoffeln, 2 l Brühe, ger. Speck, Salz Vogelmiere waschen, klein hacken. Kartoffeln schälen und würfeln. Kartoffeln und Haferflocken werden in der Brühe weich gekocht. Ein Viertel des rohen gehackten Gemüses wird zurückbehalten und erst an das gar gekochte Gericht gegeben. Mit gerösteten Speckwürfeln und Salz abschmecken.

 Senfkartoffeln

Von einer dunkelbraunen Mehlschwitze und Senfwürze bereite man, mit Knochenbrühe oder heißem Wasser verrührt, eine dicksämige Soße, unter die man in der Schale gekochte, in Scheiben geschnittene Kartoffeln rührt.

Saure Kartoffeln

1 Kg Kartoffeln, drei Esslöffel Mehl, 50g Fett, eine Gewürzgurke, Salz, Pfeffer, zwei Löffel Essig, eine Knoblauchzehe, ein Liter Brühe, Petersilie
Mehl mit Fett braun rösten, mit Brühe auffüllen, die klein gehackte Gurke, Gewürze (Lorbeerblatt). Das ganze aufkochen lassen, Kartoffeln schälen und in dünne Scheiben schneiden, in die Brühe geben und alles noch einmal aufkochen lassen. Mit Essig und Petersilie abschmecken.

 11.01.2009

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